Conn-Syndrom - Primärer Hyperaldosteronismus
Beim Conn-Syndrom kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung von Aldosteron, einem Hormon, welches in der Nebennierenrinde gebildet wird. Das Hormon hat über verschiedene Mechanismen (Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes, erhöhtes Blutvolumen) einen blutdrucksteigernden Effekt. Normalerweise unterliegt seine Ausschüttung einem fein abgestimmten Kontrollmechanismus (Feedback-Hemmung im Rahmen des RAAS). So wird es physiologischerweise nur in vermehrtem Maße in die Blutbahn abgegeben, wenn auch das in den Nieren gebildete Enzym Renin erhöht ist. Die physiologische Ausschüttung der beiden Substanzen dient der Steuerung des Wasserhaushaltes, der Regulation des Natrium- und Kaliumhaushaltes und über die Erhöhung des Blutvolumens auch der Steuerung des Blutdrucks.
Beim Conn-Syndrom wird Aldosteron (weitestgehend) unabhängig von seinen Regulationsmechanismen (Renin-Ausschüttung) produziert. Man findet daher bei diesem sogenannten primären Hyperaldosteronismus, der unabhängig von anderen Erkrankungen ist, gleichzeitig erniedrigte Renin-Werte.
Häufigkeit Conn-Syndrom
Früher wurde das Krankheitsbild als eine Rarität angesehen und nur bei 0,3 bis 1 Prozent der Hypertonie-Patienten als Ursache für den Bluthochdruck verantwortlich gemacht. Inzwischen wird davon ausgegangen, dass der primäre Hyperaldosteronismus die häufigste Ursache einer sekundären Hypertonie ist und circa 5 bis 12 Prozent der Hypertoniker betrifft. Auf die Gesamtbevölkerung gerechnet macht dies einen Prozentsatz von etwa 1,5 bis 3,5 Prozent aus; in absoluten Zahlen - bei vorsichtiger Schätzung - sind circa 1,2 Millionen Menschen davon betroffen. (Quelle: (Dtsch Arztebl Int 2009; 106(18): 305-11.). Die meisten Menschen erkranken zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Die Tatsache, dass der primäre Hyperaldosteronismus mittlerweile zur häufigsten Form des sekundären Bluthochdrucks gehört, ist auch dadurch zu erklären, dass man das Erkrankungsbild des Conn-Syndroms weiter fast. Während man früher nur bei der klassischen Kombination der Symptome Bluthochdruck, stark erniedrigte Kaliumspiegel (Hypokaliämie) und Alkalose (Störung des Säure-Basen-Gleichgewichts im Blut) von einem Conn-Syndrom sprach, gehören heutzutage auch Verlaufsformen, bei denen die Kaliumspiegel noch im Normbereich liegen, zum Krankheitsbild.
Ursachen Conn-Syndrom
- Nebennierenadenom: Die häufigste Ursache des Conn-Syndroms (ca. 70%) ist ein gutartiger Aldosteron bildender Tumor der Nebennierenrinde (= Adenom).
- idiopathische (= ohne erkennbaren Grund) Hyperplasie der Nebennierenrinde (circa 20%): Hierbei handelt es sich um eine Vergrößerung der Zona glomerulosa (äußerste Schicht der Nebennierenrinde), der Bildungsstätte des Aldosterons. Bei dieser Form unterliegt die Aldosteronproduktion - noch teilweise - den natürlichen Regulationsmechanismen. Dies macht man sich beim sogenannten Orthostasetest zunutze, um diese Form des Conn-Syndroms von einem Adenom zu unterscheiden.
- (Folge erhöhter Cortisolspiegel (sehr selten) im Rahmen des Cushing-Syndroms, bestimmter Karzinome der Nebenniere (1%) oder Enzymdefekte.)
Auswirkungen auf den Blutdruck
Das Aldosteron bewirkt ein erhöhtes Zurückhalten von Natriumionen (Kochsalz) in den Nieren. Natrium bindet Wasser im Organismus, wodurch das Blutvolumen zunimmt. Man spricht von einem Volumenhochdruck. Außerdem machen die erhöhten Konzentrationen von Aldosteron das Gefäßsystem empfindlicher gegenüber der Wirkung von Katecholaminen (Adrenalin, Noradrenalin). Daraus resultiert eine Verengung der peripheren Blutgefäße, wodurch der Blutdruck ebenso steigt ("Widerstandshochdruck").
Conn-Syndrom Symptome
Das Krankheitsbild beruht auf der Aldosteron-Überproduktion. Der Blutdruck steigt und Kalium wird in vermehrtem Maße mit dem Urin ausgeschieden. Diese Hypokaliämie (= niedriger Kaliumspiegel im Organismus) ist für viele weitere Symptome ursächlich, muss aber nicht bei jedem Patienten auftreten. Außerdem führen die erniedrigten Kaliumwerte über bisher noch nicht ganz verstandene Mechanismen zu einer verstärkten Flüssigkeitsausscheidung, obwohl Aldosteron normalerweise das Gegenteil bewirkt.
Die Betroffenen können unter folgenden Symptomen leiden:
- Bluthochdruck,
- niedrige Kaliumwerte im Blut,
- verstärkte Urinausscheidung, vor allem nachts,
- Muskelschwäche,
- Lähmungserscheinungen (episodenhaft),
- erhöhte Natriumwerte im Blut,
- starkes Durstgefühl,
- Kopfschmerzen und Müdigkeit.
Weitere Folgen sind eine Alkalisierung des Blutes (pH-Wert verschiebt sich in den alkalischen Bereich), Wassereinlagerungen, Abnahme der Nierenfunktion und Herzrhythmusstörungen.
Conn-Syndrom Diagnostik
Die genaue Diagnostik des Conn-Syndroms umfasst mehrere Schritte. Manche Untersuchungen werden in spezialisierten Abteilungen im Krankenhaus durchgeführt.
Hinweise auf die Erkrankung
Liegen gleichzeitig eine Hypertonie und erniedrigte Kaliumwerte (Hypokaliämie) vor, so muss immer auch an ein Conn-Syndrom gedacht werden. Jedoch tritt diese Symptomkombination weitaus häufiger bei der Einnahme von Diuretika (= bestimmte Blutdruck senkende Mittel) auf. Um unverfälschte Ergebnisse zu erhalten, sollten diese Medikamente für 14 Tage abgesetzt werden. Ebenso muss eine salzarme Diät unterbrochen werden. Anschließend wird das Kalium erneut aus dem Blutserum bestimmt. Ist dieser Wert weiterhin niedrig, so ist dies verdächtig, insbesondere, wenn die Kaliumausscheidung im Urin gleichzeitig hoch ist (> 30 mmol pro Tag).
Nachweis der erhöhten Aldosteronausschüttung
Hierzu misst man die Aldosteronkonzentration im 24-Stunden-Urin. Ersatzweise oder gleichzeitig ermittelt man auch die Aldosteronkonzentration aus dem Blutplasma. Die erste Probenentnahme erfolgt morgens zwischen 7 und 8 Uhr nach der Nachtruhe oder zumindest nach 30 Minuten Ruhe. Nach zwei Stunden Gehen oder Stehen erfolgt eine weitere Blutentnahme. Eine Woche vor der Untersuchung müssen bestimmte Medikamente abgesetzt werden, wie bsp. Diuretika, ACE-Hemmer, Abführmittel usw. (siehe dazu auch "Aldosteron" im Kapitel Laborwerte). Der Betroffene sollte sich "normal" (keine Diät) ernähren. Außerdem achtet man darauf, dass die Untersuchung bei Frauen in der 1. Zyklushälfte erfolgt (wegen erhöhtem Progesteron).
Unterscheidung zwischen primären und sekundären Hyperaldosteronismus
Beim primären Aldosteronismus hat die erhöhte Aldosteronproduktion die oben aufgeführten Ursachen (Adenom, Vergrößerung der Nebennierenrinde). Beim sekundären Aldosteronismus treten die erhöhten Aldosteronspiegel als Folge von anderen Erkrankungen auf. Dazu zählen:
- Nierenarterienverengung oder weitere Nierenerkrankungen,
- Natriumverluste über die Nieren, wie Erbrechen oder Schwitzen,
- Nierenerkrankungen, Herzinsuffizienz, Lebererkrankungen,
- erhöhte Ausschüttung von Renin.
Um die beiden Formen zu unterscheiden, bestimmt man - meist gleichzeitig mit dem Aldosteron - den Reninwert aus dem Blutplasma. Sind die Renin-Werte erniedrigt und die Aldosteronwerte dabei gleichzeitig erhöht, so deutet dies auf den primären Hyperaldosteronismus (= Conn-Syndrom) hin; sind der Renin- und der Aldosteronwert erhöht, handelt es sich um einen sekundären Hyperaldosteronismus.
Differenzierung der Ursachen des Conn-Syndroms (- Aldosteron bildender Tumor oder Vergrößerung der Nebenniererinde)
Die beiden Auslöser des Conn-Syndroms lassen sich durch verschiedene Tests voneinander unterscheiden.
- Orthostase-Test: Grundsätzlich steigen die Blutwerte von Renin und Aldosteron im Stehen an. Bei dem Test werden erst nach langer Ruhephase im Liegen das Blut entnommen und die Werte bestimmt, eine zweite Entnahme und Bestimmung erfolgt nach längerer aufrechter Haltung. Bei einer Vergrößerung der Nebennierenrinde kommt es wie bei gesunden Menschen zu einer Erhöhung der Werte, bei einem Tumor nicht.
- Kochsalzbelastungstest: Hierbei wird eine Kochsalzlösung intravenös verabreicht. Bei einem Tumor kommt es zu keiner Abnahme der Aldosteronkonzentration im Blut, bei einer Hyperplasie der Nebennieren ist eine Abnahme zu beobachten. Dieser Test darf bei Patienten, die unter einer Herzinsuffizienz leiden, nicht durchgeführt werden.
- weitere Tests: Daneben gibt es noch weitere Verfahren, um die beiden Hauptursachen für das Conn-Syndrom, zu unterscheiden. Zu nennen ist hier bsp. der Captopril-Test.
Lokalisation
Der genaue Ort des krankhaften Nebennierenprozesses kann mithilfe des MRT oder CT (Sensitivität > 90 Prozent) festgestellt werden. Selten wendet man die sogenannte 131Jod-Cholesterin-Szintigrafie an, um die Seite zu lokalisieren, an der sich das Adenom befindet. Gelegentlich wird eine Kortisol- und Aldosteronbestimmung nach einer seitengetrennten Abnahme von Nebennierenvenenblut durchgeführt.
Therapie
Der Tumor wird meist chirurgisch entfernt. Dabei wird der Tumor laproskopisch durch einen Schlauch entfernt. Vor der Operation therapiert man für zwei bis vier Wochen mit Spironolacton (Aldosteron-Antagonist, Diuretikum). Dies verhindert, dass es nach dem Eingriff zu einer unzureichenden Aldosteronausschüttung kommt, deren Folgen über Monate ein erniedrigter Blutdruck und erhöhte Kaliumwerte sind. Bei mehr als 70 Prozent der Operierten verschwinden die Symptome und der Blutdruck fällt auf normale Werte. Die Werte von Natrium, Kalium, Aldosteron und Renin normalisieren sich. Vor allem bei Patienten, bei denen schon lange ein Hypertonus bestand, kann der Bluthochdruck fortbestehen. Gründe dafür sind beispielsweise, dass der Bluthochdruck bereits zu einer Schädigung der Nieren geführt hat oder auch gleichzeitig - zum Hyperaldosteronismus - eine essenzielle Hypertonie bestand.
Bei einer Vergrößerung der Nebennieren (Zona glomerulosa) wird primär nicht operiert, denn in diesem Fall müssten beide Nebennieren entfernt werden, was eine lebenslange Hormonersatztherapie nach sich ziehen würde. Entfernt man nur Teile der Nebennieren, so kuriert man den Hypertonus meist nicht aus. Daher erfolgt die Therapie hier mit dem Medikament Spironolacton, das die Wirkung von Aldosteron herabsetzt. Der Blutdruck sinkt unter dieser Therapie und die Kaliumwerte normalisieren sich. Empfehlenswert ist hier begleitend eine natriumarme und kaliumreiche Diät.
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009