Diuretika ("Wassertabletten")
Diuretika waren die ersten blutdrucksenkenden Medikamente, die auf dem Markt kamen. Sie werden auch heutzutage häufig verschrieben, da sie bei den meisten Patienten eine gute Wirkung erzielen und im Gegensatz zu anderen Bluthochdruckmitteln relativ kostengünstig sind.
Mögliche Patientengruppen:
Patienten, die gut auf die Diuretika ansprechen, sind meist ältere Patienten und Frauen. Studien belegen, dass 80 Prozent aller Bluthochdruckpatienten mit diesen Medikamenten erfolgreich behandelt werden können. Wird ein Bluthochdruck in der Phase I festgestellt, so verordnet der behandelnde Mediziner zunächst meist ein Diuretikum. Sie wirken nur schwach blutdrucksenkend und werden daher auch oft in Kombination mit anderen Mitteln eingesetzt.
Wirkung
Diuretika stellen eine Art "Entwässerungsmittel" dar. Sie bewirken, dass die Nieren verstärkt Natrium und Wasser ausscheiden. Dadurch wird die Flüssigkeitsmenge im Körper geringer und der Blutdruck sinkt. Die Wirkorte der Diuretika in den Nieren sind die Nephrone (= Nierenkörperchen), von denen eine Niere etwa eine Millionen besitzen. Bei den Nephronen handelt es sich um ein komplexes System aus winzigen Kanälen, die den Wasser- und Mineralstoffhaushalt im Körper regulieren. Ein Nephron, welches als funktionelle Filtrationseinheit angesehen werden kann (Minikläranlage), besteht aus Glomerulus, Bowman-Kapsel und Harnkanälchen (Tubulus renalis). Letztere werden in verschiedene Abschnitte eingeteilt (proximaler Tubulus, Henlesche Schleife, distaler Tubulus). Die Konstanthaltung des Wasser-Elektrolyt-Gleichgewichts geschieht durch Rückresorption bzw. Sekretion in den Tubulus (Harnkanälchen), wobei die Transportprozesse in den einzelnen Abschnitten des Tubulus aktiv oder passiv erfolgen können.
Kontraindikationen für die Diuretika sind:
- schwere Nieren- und Leberfunktionsstörungen,
- schwere Elektrolytstörungen,
- Schwangerschaft und Stillzeit.
Bekannt sind auch diverse Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. So vermindern nicht-steroidale Entzündungshemmer (Acetylsalicylsäure, Ibuprofen) die Wirkung der Diuretika. Die Wirkung von Digitalispräparaten wird erhöht (Vorsicht: Digitalisvergiftung!). Wechselwirkungen können unter anderem auch bei bestimmten Antibiotika, ACE-Hemmern oder Lithium auftreten.
Einteilung
Diuretika lassen sich in verschiedene Gruppen einteilen: die Thiazide, Schleifendiuretika und Kalium sparende Diuretika. Jede Gruppe entfaltet ihre Wirkung in einem anderen Bereich der Nephrone und wirkt mehr oder weniger stark entwässernd.
- Thiazide: (bsp. Wirkstoff Hydrochlorothiazid in HCT oder Xipamid in Aquaphor®); Die Thiazide wirken im äußeren Bereich der Nephrone (Anfangsteil des distalen Tubulus), in dem große Mengen Wasser und Natrium dem Blutkreislauf wieder zugeführt werden. Sie blockieren die Reabsorption des Natriums (Natriumzurückgewinnung), mit der Folge, dass vermehrt Urin ausgeschieden wird. Sie haben einen langsamen Wirkungseintritt mit mittelstarker Wirkung. Die Thiazide haben auch unangenehme Nebenwirkungen, die u.a. darauf beruhen, dass neben dem Natrium auch Kalium in erhöhtem Maße ausgeschieden wird. Dieser Verlust kann bei Herzrhythmusstörungen ungünstig sein. Auch Muskelkrämpfe können auftreten. Thiazide sind zudem in der Lage, den Harnsäurespiegel anzuheben und dürfen daher bei Gicht nicht angewendet werden. Auch für Diabetespatienten besteht erhöhte Vorsicht, da die Präparate in den Zuckerstoffwechsel eingreifen. Bei langfristiger Dauertherapie sind häufige Nebenwirkungen Flüssigkeitshaushalts- und Mineralhaushaltsstörungen (Mangel an Kalium, Natrium, Chlorid, Überschuss Kalzium; bei hoher Dosierung Natriumverluste und Flüssigkeitsmangel (Exsikkose)).
- Schleifendiuretika: (Wirkstoff Furosemid bsp. in Lasix® oder Furorese®, Torasemid bsp. in Torasemid + Herstellername sowie Piretanid in Arelix® oder Piretanid + Herstellername). Schleifendiuretika greifen in die Natriumrückgewinnung im aufsteigenden Schenkel der sogenannten Henleschen Schleife ein. Dort hemmen sie ein bestimmtes Transportprotein und zwar einen Ionenkanal - den Natrium-Kalium-Chlorid-Cotransporter. Sie entwickeln eine sofortige und besonders starke Wirkung. Schleifendiuretika werden vor allem in der Therapie der akuten und chronischen Herzinsuffizienz eingesetzt oder vom behandelnden Mediziner verordnet, wenn die Thiazide nicht ausreichend wirken. Erreicht man durch die Gabe von Tabletten keine befriedigende Harnausscheidung, ist auch eine Injektion (bsp. Furosemid) möglich. Besonderheit: Im Therapieverlauf kann sich eine Diuretika-Resistenz entwickeln, das heißt, auch die sukzessive Steigerung der Dosis führt zu keiner weiteren Zunahme des Urinvolumens. In diesem Fall kann das Schleifendiuretikum mit einem Thiazid kombiniert werden (hier: auf Kalium- und Magnesiumverlust achten!). Nebenwirkungen: Serumelektrolytstörungen: Kalium-, Natriummangel, Flüssigkeitsmangel (Exsikkose), Nierenfunktionseinschränkung, Neigung zu Blutzuckerspitzen, Hörschäden, die auf einer Änderung der Zusammensetzung der Elektrolyte im Innenohr beruhen und Magen-Darm-Beschwerden
- Kalium sparende Diuretika: (bsp. Amilorid und Triamteren in Kombination mit Thiaziden sowie Aldosteronantagonisten (bsp. Spironolacton)); Die Kalium sparenden Diuretika Amilorid und Triamteren hemmen die Natriumresorption im distalen Tubulus (unterer Bereich der Nephrone), wobei Kalium zurückgehalten wird. Die Aldosteronantagonisten (Spironolacton) blockieren den Rezeptor, an dem Aldosteron (körpereigenes Steroidhormon) andockt. Aldosteron kann so seine Wirkung nicht mehr entfalten. In der Folge wird vermehrt Natrium ausgeschieden, aber Kalium im Körper zurückbehalten. Da die Natriumionen Wasser binden, scheiden die Nieren in erhöhtem Maße Wasser aus. Der Wirkungseintritt der Aldosteronantagonisten erfolgt langsam nach drei bis vier Tagen. Die Wirkung von Amilorid und Triamteren setzt nach wenigen Stunden ein und dauert einige Stunden (24 - 9) an. Sie sind nicht so wirksam wie Thiazide oder Schleifendiuretika. Die Kalium sparenden Diuretika und Aldosteronantagonisten werden häufig in Kombinationspräparaten eingesetzt, da sie Kalium sparen. Die Indikation zum Einsatz eines Aldosteronantagonisten ist ein erhöhtes Vorkommen von Aldosteron im Organismus, wie es für das Conn-Syndrom, das häufig durch einen gutartigen Tumor der Nebennierenrinde ausgelöst wird, typisch ist. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem primären Hyperaldosteronismus. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist der sekundäre Hyperaldosteronismus bei Leberzirrhose oder Herzinsuffizienz (mit Aszites bzw. Ödemen). Nebenwirkungen von Amilorid und Triamteren sind Natriummangel und Hyperkaliämie (Erhöhung des Kaliumspiegels im Blut). Bei den Aldosteronantagonisten gibt zudem es Nebenwirkungen, die auf dem Eingriff in den Hormonhaushalt beruhen: Bei Männern zählen dazu die Entwicklung einer weiblichen Brust, eine höhere Stimme oder Impotenz; bei Frauen kann die Regelblutung ausbleiben oder die Körperbehaarung nimmt zu. Weitere Nebenwirkungen der Aldosteronantagonisten sind Kopfschmerz, Schläfrigkeit, Verwirrtheit und Blutbildveränderungen. Bei Amilorid und Triamteren können Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, wie Digitalis, Kaliumtabletten, Lithium, bestimmten Schmerzmitteln oder oralen Diabetesmitteln ("Diabetestabletten") auftreten. Bei den Aldosteronantagonisten sind auch Wechselwirkungen mit Digitalispräparaten, bestimmten Schmerzmitteln und Kalium sparenden Mitteln möglich. Bei einer vorbestehenden Hyperkaliämie dürfen die Mittel auch nicht eingenommen werden.
Nebenwirkungen (Diuretika allgemein)
Die gewünschte Wirkung der Diuretika ist es, den Harndrang zu verstärken. Wenn das Medikament gut wirkt, wird in erhöhtem Maße Flüssigkeit aus dem Körper gespült, was zu einem Abfall des Blutdrucks führt.
Daneben haben Diuretika nicht nur die oben aufgeführten Nebenwirkungen, sondern auch sogenannte gelegentliche oder seltene Nebenwirkungen, die aus den Packungsbeilagen ("Waschzettel") der einzelnen Präparate ersichtlich sind.
In diese Kategorie fallen folgende unerwünschte Symptome, die bei länger anhaltender Dauer umgehend zu einem Arztbesuch führen sollten:
- Schwächegefühl und Müdigkeit;
- Schwindelgefühl beim Stehen (vor allem bei älteren Menschen),
- Muskelkrämpfe (besonders in den Waden);
- Mundtrockenheit;
- Hautrötungen und -reizungen,
- eingeschränktes Sehvermögen,
- geringfügiger Anstieg der Blutzucker- und Blutfettwerte,
- Flüssigkeitsverlust (Dehydrierung).
Beachtenswertes bei der Einnahme der Diuretika
- Die Einnahme sollte morgens erfolgen. Nächtliche Toilettengänge werden so weitestgehend reduziert.
- Besteht eine Magenunverträglichkeit, so sollten die Mittel zum Essen oder mit Milch eingenommen werden.
- Lange direkte Sonneneinstrahlung sollte vermieden werden. Benutzen sie Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor (LSF 15 und höher).
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009