Bluthochdruck Risikofaktoren und Risikoabschätzung
Die Behandlung des Bluthochdrucks richtet sich nicht nur nach der Höhe des Blutdrucks, sondern ganz entscheidend auch nach dem sogenannten kardiovaskulären Gesamtrisiko (= Risiko, eine schwere Erkrankung des Herz-Kreislaufsystems zu erleiden).
Zu seiner Ermittlung werden Risikofaktoren, Endorganschäden sowie Folge- und Begleiterkrankungen tabellarisch zusammengefasst, also alle Faktoren, welche die Prognose einer Person ungünstig beeinflussen.
Unter Berücksichtigung der Risikofaktoren wird dann die Wahrscheinlichkeit berechnet, dass in den nächsten zehn Jahren eines der drei folgenden Ereignisse eintritt:
- ein kardiovaskulär bedingter Tod,
- ein nicht tödlich verlaufender Schlaganfall,
- ein Herzinfarkt.
Basierend auf diesen Berechnungen legt man dann die vier Kategorien des kardiovaskulären Gesamtrisikos fest. Die Wahrscheinlichkeit in den nächsten 10 Jahren ein ernsthaftes kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden, beträgt bei niedrigem Risiko weniger als 15 Prozent, bei mittlerem 15 - 20 Prozent, bei hohem 20 - 30 Prozent und bei sehr hohem Risiko mehr als 30 Prozent.
Wie wird das kardiovaskuläre Gesamtrisiko ermittelt?
Für die Ermittlung des Risikos werden zunächst die Risikofaktoren gezählt. Dabei unterscheidet man zwischen beeinflussbaren, nicht beeinflussbaren und weiteren Risikofaktoren.
Beinflussbare Risikofaktoren:
- Schweregrad der Hypertonie,
- erhöhte Blutfettwerte (Triglyceride, Cholesterin),
- Rauchen,
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit),
- Übergewicht.
Nicht beeinflussbare Risikofaktoren:
- Positive Familienanamnese, also das Auftreten eines Herzinfarktes, Schlaganfalls usw. bei anderen Familienmitgliedern in einem bestimmten Alter (genauer: im Alter von weniger als 55 Jahren bei männlichen Familienangehörigen; im Alter von weniger als 65 Jahren bei weiblichen Familienangehörigen).
- Eigenes Alter: Männer älter als 55 Jahre, Frauen älter als 65 Jahre.
Weitere Risikofaktoren:
- erhöhte Werte für Fibrinogen (= ein Gerinnungsfaktor),
- zu wenig körperliche Bewegung.
Um das kardiovaskuläre Risiko noch genauer beurteilen zu können betrachtet und bewertet man auch bereits mögliche Schäden an einem der typischen betroffenen Organe (Herz, Gefäße, Nieren, Augen -> Endorganschäden).
Endorganschäden:
- Linksherzvergrößerung (Linksherzhypertropie); feststellbar im Elektro- und Echokardiogramm;
- Mikroalbumine (bestimmte Eiweiße) im Urin: (30 - 300 mg/24h);
- Arteriosklerotische Ablagerungen (= "Verkalkungen") in den großen Gefäßen (feststellbar bei Ultraschall und Röntgenuntersuchungen);
- Proteinurie (= Eiweiß im Urin) und erhöhte Werte für Kreatinin (Endprodukt des Muskelstoffwechsels) als Zeichen einer Nierenschädigung;
- Retinopathie (Schädigung der Netzhaut im Auge) durch den Bluthochdruck.
Das kardiovaskuläre Gesamtrisiko erhöht sich ebenfalls - unabhängig vom Bluthochdruck - durch weitere Erkrankungen:
Folge- und Begleiterkrankungen
- Herzerkrankungen: Bypassoperation, PTCA (Ballondilatation = Aufweitung von Gefäßen) oder Herzinfarkt in der Krankheitsvorgeschichte; Angina pectoris (Herzenge), Koronare Herzkrankheit und Herzinsuffizienz;
- Schlaganfall oder TIA (transitorisch-ischämische Attacke = Durchblutungsstörung im Gehirn, bei denen die Symptome nicht länger als 24 Stunden anhalten);
- chronische Nierenerkrankungen (bsp. diabetische Nephropathie, chronische Niereninsuffizienz) mit Eiweißausscheidung im Urin.
- periphere Gefäßerkrankungen (PAVK = periphere arterielle Verschlusskrankheit).
Alle aufgeführten Faktoren spielen eine Rolle bei der Ermittlung des kardiovaskulären Gesamtrisikos. Sie beeinflussen daher auch entscheidend, ob für die Einstellung des Bluthochdrucks Medikamente notwendig sind (siehe dazu auch die Tabelle im Kapitel "Medikamentöse Behandlungsstrategien").
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009