Formen des Bluthochdrucks
Es werden verschiedene Formen des Bluthochdrucks unterschieden. Etwa 90 Prozent aller Bluthochdruckerkrankungen werden der essenziellen oder primären Hypertonie zugeordnet. Bei dieser Blutdruckform lässt sich keine genaue Ursache für die Erkrankung ausmachen, vielmehr entsteht sie durch ein Zusammenspiel aus erblicher Veranlagung, Umwelteinflüssen, Befindlichkeiten und Verhaltensweisen des Betroffenen.
Eine weitere häufigere Form der Hypertonie lässt sich auf körperliche Krankheiten zurückführen, die oft die Nieren betreffen oder auf hormonelle Störungen zurückgeführt werden können. Man spricht dann von sekundärer Hypertonie.
Eine dritte Form der Hypertonie betrifft bestimmte Patientengruppen (Schwangere, Menschen mit Gehirnerkrankungen) oder wird durch äußere Einflüsse hervorgerufen (bsp. bestimmte Medikamenteneinnahme).
Essenzielle Hypertonie (Häufigkeit: etwa 90 Prozent aller Hypertonieformen)
Diese Form des Bluthochdrucks tritt in der Regel erst jenseits des 30. Lebensjahres in Erscheinung. Einflussfaktoren sind u.a.:
- erbliche Veranlagung,
- Konstitution (Körperbau, Übergewicht, etc.),
- Ernährungsgewohnheiten (hohe Kochsalzzufuhr, fettreiches Essen),
- Stress,
- hormonelle (= endokrine) Komponenten (bei Frauen beispielsweise häufig der Beginn der Wechseljahre durch die Hormonumstellung).
Häufig ist die essenzielle Hypertonie mit anderen Erkrankungen des sogenannten „Metabolischen Syndroms“ (= „Wohlstandssyndroms“) vergesellschaftet. Also mit:
- Übergewicht (BMI > 25),
- Störungen des Zuckerstoffwechsels (Glukoseverwertungsstörung) oder Diabetes mellitus Typ 2
- erhöhten Blutfettwerten (Cholesterin, Triglyceride),
- erhöhten Harnsäurewerten.
Sekundäre Hypertonie
Bei dieser Form kommen mehrere bekannte Ursachen als Auslöser in Frage:
Renale (= von den Nieren ausgehende) Hypertonie (Häufigkeit: 5-10 Prozent)
Sie tritt auf bei chronischen Nierenerkrankungen mit Schädigung des Nierengewebes, bei Nierentumoren oder einer Nierenarterienstenose (= Verengung der Nierenarterie) auf. Bei der renalen Hypertonie greifen gleich drei Mechanismen, die zu einer Blutdruckerhöhung führen:
- Salze und Wasser werden aufgrund von verminderten Ausscheidungskapazitäten zurückgehalten; das Flüssigkeitsvolumen wird so erhöht und damit auch der Blutdruck.
- das Renin-Angiotensin-System wird aktiviert. Dieses Enzym-Hormonsystem verhindert, dass der Blutdruck abfällt.
- Es kommt zur Sympathikusaktivierung (= Teil des autonomen Nervensystems) über autonome (= nicht willkürlich steuerbare) Nervenfasern; dies führt zu einem überwiegend gefäßverengenden Effekt. Verengte Gefäße führen zu einer Blutdrucksteigerung.
Endokrine (= hormonell bedingte) Hypertonie (Häufigkeit: geringer 1 Prozent)
Die hormonell bedingten Bluthochdruckformen werden durch eine erhöhte Produktion und Freisetzung von Hormonen ausgelöst, die zu einer direkten oder indirekten Steigerung des Blutdrucks führen:
- Phäochromozytom: gutartiger Tumor der Nebennieren, der sog. Katecholamine, also die Hormone Adrenalin und Noradrenalin produziert; die Symptome sind unter anderem Herzrasen, Schweißausbrüche und Kopfschmerzen.
- Hyperthyreose (= Schilddrüsenüberfunktion): Symptome sind verstärktes Schwitzen, Gewichtsverlust trotz übermäßigem Appetit, Nervosität, Unruhe, Reizbarkeit, Schlafstörungen, häufige Stuhlentleerungen usw.
- Cushing-Syndrom: Es tritt ein Überangebot an Kortisol (= Hormon der Nebennierenrinde) im Körper auf. Dies kann durch die langfristige Einnahme von Glukokortikoiden („Kortisonpräparaten“) oder bsp. ACTH-produzierenden (Adrenocorticotrope-Hormon) Tumoren der Hirnanhangdrüse ausgelöst werden. Typisch für die Erkrankung sind eine Stammfettsucht, „Stiernacken“ und ein Vollmondgesicht.
- Conn-Syndrom: Bei dieser Erkrankung ist die Aldosteronausschüttung (Hormon der Nebennierenrinde) erhöht. Aldosteron ist ein wichtiger Bestandteil des sogenannten Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS), einem entwicklungsgeschichtlich alten Regulierungssystem, das auch für die Blutdruckregulierung zuständig ist. Subjektiv wahrnehmbare Symptome sind Kopfschmerzen, Schwindel, Ohrensausen, Nasenbluten und Herzklopfen. Diese Symptome lassen sich auf einen erhöhten Blutdruck zurückführen. Des Weiteren treten Muskelschwäche, Verstopfung, Missempfindungen der Haut (Kribbeln, Juckreiz, Taubheitsgefühl) sowie schmerzhafte Krämpfe der Muskulatur der Arme und Hände auf. Sie lassen sich auf einen Kaliummangel zurückführen.
Aortenisthmusstenose (Häufigkeit: geringer 1 Prozent)
Hierbei handelt es sich um eine Engstelle im Bereich des Abganges der Körperschlagader aus dem Herzen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von kardiovaskulärer Hypertonie.
Sonstige Hypertonien (Häufigkeit: geringer 1 Prozent)
Zu Steigerungen des Blutdrucks kann es auch in folgenden Fällen kommen:
- Eine Blutdrucksteigerung vorübergehender Natur kann durch Erkrankungen des Gehirns (Meningitis (= Hirnhautentzündung), Hirnentzündung (= Enzephalitis), Polio (=Kinderlähmung), erhöhter Hirndruck)) hervorgerufen werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer neurogenen Hypertonie.
- Auch bestimmte Medikamente („Pille“, Kortison, NSAR, Cyclosporin A) oder ein übermäßiger Genuss von Lakritze (mehr als 500 Gramm pro Tag) kann zur Erhöhung des Blutdrucks führen.
- Bei ungefähr 10% aller Schwangerschaften kommt es zu einer sogenannten schwangerschaftsinduzierten Hypertonie (SIH) mit der Möglichkeit der Entwicklung einer Präeklampsie. Die werdenden Mütter werden in diesem Fall besonders sorgfältig überwacht, da Schwangerschaftshochdruck zu Frühgeburten führen kann.
- Bei all diesen Formen des Bluthochdrucks handelt es sich um eine arterielle Hypertonie, das heißt, es gibt einen Hochdruck im Körperkreislauf, also in den Arterien des Körpers.
Daneben können auch andere Gefäßgebiete betroffen sein:
- Bei einer pulmonal-arteriellen Hypertonie (= pulmonale Hypertonie) herrscht ein zu hoher Blutdruck im Lungenkreislauf, also in den Arterien vom Herz zu den Lungenflügeln. Ursache dafür können krankhafte Veränderungen in den kleinen Gefäßen der Lunge sein, die dann dem Blut zu viel Widerstand entgegenbringen. Auslöser sind bsp. eine Bronchitis oder auch ein Herzfehler, der zu einem Rückstau von Blut in die Lunge führt.
- Der Begriff „venöse Stauung“ bezeichnet einen erhöhten Druck in den Venen.
- Beim Pfortaderhochdruck oder der portalen Hypertonie herrscht ein erhöhter Druck in der Pfortader. Durch diese fließt das Blut aus den Venen von Magen, Darm, Milz und Bauchspeicheldrüse zur Leber. Stauungen können zu Organschwellungen führen.
med. Redaktion Dr. med. Werner Kellner
Aktualisierung 26.11.2009